Wenn's läuft, dann läuft's. Die Strecke um Kelheim scheint für mich einfach ein gutes Pflaster zu sein.
Ich habe auch nur beste Erinnerungen an dieses 24h-Rennen. Zum dritten Mal war ich jetzt dort am Start. Einmal Sieger, einmal Zweiter. Und dieses Jahr, wäre wieder mal der erste Platz fällig gewesen. Aber Christoph Strasser, welcher mich hier im letzten Jahr zum ersten Mal geschlagen hat und seither bei jedem Rennen vor mir klassiert war, startete auch wieder. Er würde wohl schwer zu schlagen sein, fuhr er in den vorangegangen Rennen doch schon bald ,abartig gut'. Aber mit solchen Gedanken wollte ich mich ja nicht herumschlagen. Einfach starten, fahren und des Bestmögliche aus mir herausholen. Dann müsste eine gute Rangierung drinnliegen.
Meinen Streckenrekord aus dem Jahre 2005 von 44 Runden verbesserte Christoph Strasser im letzten Jahr ja auch noch auf wahnsinnige 46 Runden, während ich damals 45 Runden fuhr. Eine Runde hat knapp 17km und ca. 180Hm. Da läppet sich also was zusammen während 24h.
Bei der Fahrerpräsentation fragte mich der Moderator nach meinem Ziel für das bevorstehende Rennen. So als Witz gedacht, sagte ich, mal eine 5 an erster Stelle wäre schon schön. Also 50 Runden. Aber das war ja wirklich nicht ernst gemeint. Im letzten Jahr 45, Streckenrekord von Strasser bei 46. Da war 50 eine Illusion. Also sagte ich, einfach meinen Rhythmus zu fahren und schauen, was dabei rauskommt, reicht für mich.
Punkt 14:00 fiel dann der Start vor Kelheimtypischen Wahnsinnspublikum. Die erste Runde war mit einer Fahrzeit von ca. 23min. wieder mal extrem schnell. Meinen Vorsatz langsam zu starten konnte ich also wieder den Bach runterspülen. Auch die zweite war noch recht schnell. Fortan ging es dann doch etwas gesitteter zu und her. Die Rundenzeiten blieben aber doch konstant unter 30min. Von Beginn an fuhren Chris Strasser und ich in der gleichen Gruppe. Ich dachte mir, das dürfte ein 24h Belauern werden.
Die Taktik in Kelheim bleibt eigentlich immer dieselbe. Die Steigung fahre ich in angenehmem Tempo hoch. Oben angekommen auf eine Gruppe der Staffelfahrer aufspringen, um im Windschatten wieder in der Fläche zurück zu fahren. Nach ein paar Runden, forcierte ich am Ende der Steigung das Tempo und konnte so auf eine Gruppe aufschliessen. Chris konnte oder wollte da nicht oder noch nicht folgen. So war ich dann mal alleine an der Spitze der Einzelfahrer. Aber ich kenne Chris ja langsam. Abzuschreiben ist er noch lange nicht. Das Rennen sollte ja auch noch über 20h andauern. Also noch ein weiter Weg.
Die Verpflegung war bei den herrschenden hohen Temperaturen äusserst wichtig. Meine Frau und Kathrin erledigten diesen Job ausgezeichnet. Bei jeder Runde musste ich eine neue Flasche schnappen um den Flüssigkeitshaushalt im Lot zu halten.
Die Stunden und Kilometer vergingen und immer gleichmässig fuhr ich meine Runden. In immer gleichem Tempo fuhr ich die Steigung hoch. Jedes Mal, wenn ich berghoch auf den Tacho schaute, betrug das Tempo ca. 15km/h. Immer, während den ganzen 24h. Mehr oder weniger immer am gleichen Ort wechselte ich die Gänge. Die verschiedenen Rundenzeiten waren also fast ausschliesslich ein Resultat der verschiedenen Gruppen, welche ich für die Fläche erwischte. Da war der Unterschied recht gross. In der Nacht fuhr ich diese 7 flachen Kilometer einmal mit der Spitze der Staffelfahrer mit. 45-50km/h wurde da gerast. In anderen Gruppen war das Tempo mit vielleicht 35km/h schon viel gemächlicher.
Die Nacht war herrlich zu fahren. Immer noch angenehm warm und immer noch konstant gleich schnell. Keine Pausen. Einfach immer treten, treten, treten. Chris Strasser konnte ich in der Zwischenzeit zweimal überrunden. Von da an glaubte ich doch an den Sieg. 2 Runden entsprechen ca. 34km. Also ca. 1h Vorsprung. Und da mein Motor immer noch mehr oder weniger problemlos arbeitete, wusste ich, dass dieser Vorsprung kaum mehr aufzuholen ist.
Am frühen Morgen fing ich dann mal an zu rechnen. Und was ich vor dem Start noch als Witz äusserte schien gar nicht mehr unmöglich zu sein. 50 Runden waren zu schaffen. Ich war so sensationell gut auf Kurs. Rundenzeiten immer noch meist unter 30min. Die 50er-Marke wollte also geknackt werden. Unglaublich, für absolut unmöglich hätte ich das vor dem Start gehalten. Bei der Start-/Zielpassage sagte ich dem Moderator, dass ich die 50 versuchen werde. Die Stimmung im Start-/Zielgelände war ja so schon absolut gewaltig. Aber als der Moderator dann noch mitteilte, dass ich die 50 Runden schaffen wollte, waren wir endgültig im Hexenkessel. Die Menge trieb mich voran. Es war wirklich absolut wahnsinnig.
Und auch ca. 4h vor Zielschluss war ich immer noch auf Kurs. Leider kam nun etwas Wind auf. Und noch ,leiderer' von der falschen Seite. Das bedeutete Gegenwind auf der Fläche. So würde es knapp. Die Staffelfahrer waren auch nicht mehr ganz so frisch. Die Meisten von ihnen hatten Mühe ein hohes Tempo im Gegenwind zu fahren. Der Wind wurde stärker und die Zeit knapper.
Nach 23h07min hatte ich die 48. Runde absolviert. 53min. für zwei Runden war nicht mehr möglich. So musste ich das Vorhaben ,50+' aufgeben. Eine Runde fuhr ich noch, und diese extrem gemütlich. Eine Runde zum geniessen. Nach 23h42min Fahrzeit und unglaublichen 49 gefahrenen Runden fuhr ich im Hexenkessel als Sieger ein.
Den alten Streckenrekord von 46 Runden habe ich damit richtiggehend pulverisiert!
49 Runden entsprechen 808km und knapp 9'000Hm. Gefahren mit einer Durchschnittgeschwindigkeit von 34km/h. Ganz unverfroren erteile ich jetzt dieser Leistung das Prädikat Weltklasse. Christoph Strasser fuhr als Zweitplatzierter 45 Runden.
Ich denke am meisten überrascht von meiner Leistung bin ich selbst. Aber wie schon beim Radmarathon in Wiedlisbach vor zwei Wochen musste ich feststellen, dass es durchaus möglich ist, eine so hohe Pace während 24h durchzuziehen. Es macht einfach Spass, wenn's läuft. Und wie gesagt, wenn's läuft, dann läuft's..
Ich bedanke mich noch bei allen, für die Gästebucheinträge und die SMS-Glückwünsche. Mehrfach wurde ich jetzt schon darauf angesprochen, dass nach solchen Leistung eigentlich das legendäre RaceAcrossAmerica in Angriff genommen werden müsste. Gerne würde ich das. Knapp 5'000km durch Amerika. Nach der TourUltime im letzten Jahr, weiss ich auch, dass ich ein Rennen über 10Tage durchstehen kann. Und nach den Leistungen in diesem Jahr, welche nochmals mindestens eine Liga besser sind, bin ich auch überzeugt, dass ich dort ein sehr gutes Resultat erzielen könnte. Aber leider ist das RAAM sehr schwer finanzierbar. Rund Fr. 80'000.-- müssten für dieses Vorhaben aufgetrieben werden. In der ausgedünnten Schweizer Sponsorenlandschaft, ist das leider fast ein Ding der Unmöglichkeit.. |